Magie auf Social Media – du erntest was du gesät hast

Nach einer langen Pause habe ich mich zurück in die sozialen Medien gewagt. Und was bleibt mir anderes als zu sagen, dass man sich für die Leute, die dort als Hexen, Schamanen, Coaches und Heiler auftreten, noch mehr fremdschämen muss als zuvor.

Ohne Maß und Mitte, vor allem ohne Verstand und Bodenhaftung. Hier wird ganz deutlich, was im Vordergrund steht: die Interaktion durch Empörung. Es geht nicht um Magie und ihre Wirkung, es geht um ein skurriles Auftreten, das die Hemmschwelle der Zuschauer sprengt und zu einer Interaktion in Form Kommentaren, Markierungen oder Weiterleitungen führt. Da wirkt keine Magie, sondern rudimentärste Verhaltenspsychologie.

So sieht man einen Prinz der Magie für die queere Schublade, der mit falschem Zimt von Gut und Günstig einen Reichtumszauber vorführt, indem er eben diesen durch den Türrahmen im Eingangsbereich bläst. Wir sehen abgedrehte Frauen des sichtbar älteren Semesters, die mit begabungslos zusammengeschnittenen Effekten für Waldwesen in einem Video tanzen. Man begegnet jungen Frauen voller Licht und Energie, die uns glauben machen sie könnten durch die Zeit reisen indem sie bunte Bänder an der Küste schwingen oder Telekinese bewirken, wenn sie von der Schwerkraft einen Schlüssel in ihrer flachen Hand auf die Seite rollen lassen. Man sieht Heiler die mit Fingern über ein anderes Video mit einer sich krümmenden Person fahren und dir erzählen, dass sie gerade energetisch operieren. Wieder andere manifestieren sich mit faktisch gar nichts die Welt zurecht. Und von den ganzen esoterischen Verschwörungstheoretikern will ich gar nicht erst anfangen.

Wo sind die echten, traditionellen und bodenständigen Hexen und Heiden geblieben? Ausgestorben oder vertrieben? Geflohen möchte man meinen, wenn zu sehen ist, wie das Bild unseres Metiers in der Öffentlichkeit geformt wird. Und neben dieser Freakshow an sich fällt mir vor allem eines auf: niemand macht sich richtig Mühe. Alles ist billig und halbherzig. Dabei kennt doch jeder den Grundsatz: du erntest was du gesät hast.

Doch schon da fängt es an. Junghexen, wie sich selbst nennen, lernen und verbreiten, dass dieser Satz so viel bedeute wie „Alles fällt auf dich zurück“ oder „Füge keinem andern zu, was du nicht willst, dass man dir tut“. Das ist im Umgang mit Menschen bei sozialen Interaktionen durchaus richtig. In der Magie meint es aber etwas ganz anderes. Kein Mensch der mit Vorliebe Schadenszauber betreibt, zerstört sich selbst durch das Echo seiner Taten. Nein, vielmehr beschreibt der Grundsatz das Verhältnis von Aufwand und Wirkung.

Pflanze ich faulen Samen, wird er nicht keimen oder faule Frucht hervor bringen. Benötige ich einen Baum für Holz, pflanze ich keinen Farn, weil das einfacher ist und schneller geht. Und je mehr ich mich um meine Saat und die Aufzucht kümmere, desto mehr Ertrag werde ich bei der Ernte haben.

Nehmen wir doch, ungeachtet der tatsächlichen Wirkung dieses Rituals an sich, das erste Beispiel mit dem Zimt. Anstatt den unechten Cassia-Zimt einer Billigmarke zu verwenden, hat es viel mehr Wirkung, in ein Stück echter Zimtrinde des Ceylon-Baumes zu investieren. Sie selbst zu mahlen und während der ganzen Arbeit das Ziel mit Affirmationen und Visualisierung zu >manifestieren<.

Magie, die Kräfte und beteiligten Wesen verlangen Opfer für die adäquate Wirkung. Aufwand, Geld, wertvolle Rohstoffe und Zeit sind wirkungsvolle Opfer. Ganz anders als billige Abkürzungen oder mystisch anmutendes Händefuchteln in Manifestationsvideos. Nur wenn ich bereit bin zu opfern und zu geben, werde ich auch etwas empfangen, was über Autosuggestion und Einbildung hinaus geht. Scheut nicht die Arbeit und den Aufwand, scheut lieber die Esoterik auf Instagram, Tik Tok und Co.

Be blessed

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