Styrax ist nicht Styrax!?

Wenn wir heute an Styrax denken, haben wir meist schwarze Holzkohlestückchen mit einem süß-vanilligen Duft vor unserem geistigen Auge. Doch das ist tatsächlich gar kein Styrax.Echtes Styrax ist das Harz des Echten Styraxbaums, Styrax officinalis. Er gehört zu den Storaxbäumen, von deren Arten auch die verschiedenen Benzoe-Harze gewonnen werden.Die Gewinnung ist kostspielig und nicht sehr ergiebig, weshalb man nach Alternativen suchte. Heute wird echtes Styrax nur noch in der Medizin verwendet und selbst dort nur ausgesprochen selten. Zum Räuchern ist vereinzelt noch Styraxrinde erhältlich. Die Alternativen sind das, was wir heute angeboten bekommen: die ätherischen Öle und Harze von Amberbäumen, welche zu den Zaubernussgewächsen zählen: Liquidambar orientalis Mill. aus Asien und Liquidambar styraciflua L. aus Amerika. Liquidambar bedeutet „flüssiger Bernstein“ und rührt von der Farbe und Konsistenz des Harzes her. Beide sind kein echtes Styrax und dennoch hat sich der Name durchgesetzt, weil man mit ihm einen bestimmten Duft und kein bestimmtes Harz verbindet.Hier gibt es meist zwei Angebote, die sich im Duft und der Qualität voneinander sehr unterscheiden.

Zum einen haben wir Styrax als kleine schwarze Bruchstücke von Holzkohle, die mit Duftstoffen getränkt wurden. Das kennen wohl die allermeisten. Aber hier wird es knifflig. Das Harz der Amberbäume ist zähflüssig und wird nicht von der Kohle einfach so aufgenommen. Aus den Harzen lassen sich mittels Destillation ätherische Öle gewinnen. Diese Öle lassen sich aber auch synthetisieren und sind dann sogenannte naturidentische Öle. Dabei schaut man sich an, welche Hauptbestandteile im natürlichen Öl vorkommen und in welchem Verhältnis. Daraus werden genormte Durchschnittswerte gebildet die dann die Rezeptur für das naturidentische Öl bilden. Der Duft ist sehr ähnlich, aber nicht gleich, da Spuren anderer Stoffe natürlich fehlen. Und dann gibt es noch komplett synthetische Duftöle oder Parfums, die nichts mehr mit dem natürlichen ätherischen Öl gemein haben. Das große Problem ist, dass die Händler nicht angeben, womit die Kohle getränkt wurde und sie es selbst oft nicht wissen. Räucherwerk ist nicht so reglementiert wie etwa Kosmetik, sodass klare Deklarationen fehlen. Sind werden zum Beispiel alle drei Varianten als „natürlich“ angeboten. Aus meiner Erfahrung ist das echte natürliche ätherische Öl nicht sehr intensiv und hat etwas warmes, vanilliges mit einer ganz unterschwelligen Zimtnote. Das naturidentische Öl ist intensiver und etwas aufdringlicher und hat eine sehr starke Vanillenote. Duftöle und Parfums riechen hingegen tatsächlich nach Parfümerie, etwas billig und machen schnell Kopfschmerzen.

Die zweite Variante ist das Harz selbst. Es wird zumeist in Honduras oder in der Türkei veredelt. Meistens enthält der Name auch die Herkunft der Verarbeitung, zum Beispiel „Styrax Honduras“. Die beste Qualität soll aus der Türkei stammen. Das Harz ist veredelt, das heißt es ist gereinigt und gekocht und ggf. auch destilliert worden. Denn das reine Harz aus den Bäumen ist sehr flüssig, lässt sich schlecht räuchern und enthält noch unerwünschte Stoffe wie Terpentine. Durch das Veredeln wird es dicker, bleibt aber flüssig. Im Gegensatz zu den reinen herausdestillierten ätherischen Ölen enthält das Harz noch mehr der ursprünglichen Stoffe des Baumes. Das ungeräucherte Harz ist für unsere Nasen gewöhnungsbedürftig. Es erinnert an Benzin und Gummireifen. Um ihm seinen süßen balsamischen Duft zu entlocken, muss es sehr stark erhitzt und verräuchert werden und das auch nur in kleinen Mengen. Glühende Kohle ist ideal, ein Stövchen wird nicht genügen und man erhält nur den Bezin- und Gummigeruch.Der Rauch ist süßlich, schwer und balsamisch. Die Zimtnote ist hier deutlicher als die Vanillenote.

Die eigene Räucherkohle

In der Alchemie verfolgte man das Ziel, durch die Umwandlung und Veredelung von Stoffen sich selbst parallel ebenfalls zu wandeln und reiner und göttlicher zu werden. In vielen verschiedenen Verfahrensschritten wurden dazu Stoffe und Gemische unter dem Einfluss der Elemente gereinigt und getrennt. Konkret sollte das Wesentliche, der Kern, von dem Unwesentlichen getrennt werden. Die Destillation war eine dieser Methoden. Das Destillat wurde dabei oft als Essenz, als Geist des Ausgangsstoffes verstanden. Davon leitet sich auch der noch heute übliche Gebrauch des Wortes Spirituose (von lat. Spiritus, Geist) ab.

Destillation kann nicht nur mit Flüssigkeiten betrieben werden. Um Pflanzenkohle herzustellen, wird eine trockene Destillation verwendet, auch Vergasung genannt. Das Herstellen eigener Pflanzenkohle erscheint dabei im Lichte der Alchemie geradezu mystisch. Und so kann man sich seine eigene Pflanzenkohle zum Räuchern herstellen und sie ganz nach seinen Bedürfnissen anpassen.

Erde, Luft und Wasser bringen Bäume und Pflanzen hervor. Das Leben in den Pflanzen erschafft die Essenz, den Geist. Durch das letzte Element Feuer kann das Wesentliche vom Unwesentlichen getrennt werden. Zurück bleibt das Herzstück der Pflanzen: bei der Verbrennung die Asche, bei der Vergasung die Kohle. Beide enthalten die nicht flüchtigen Bestandteile und mineralischen Verbindungen der Pflanzen. So ist jede Asche und Pflanzenkohle speziell, je nach Art der verwendeten Pflanzen und welche Stoffe diese beinhalteten.

Der nachfolgende Versuchsablauf dient nur zu Demonstrationszwecken! Nachahmung auf eigene Gefahr und Verantwortung. Die Vergasung von Pflanzenteilen kostet Energie und ist bei falscher Anwendung schädlich für Klima und Atmosphäre.

Bevor man aus seinen Pflanzen und Gehölzen Kohle machen kann, müssen diese gut durchgetrocknet werden. Sie sollten entsprechend lange lagern. Bei der Vergasung oder Destillation von Pflanzenteilen und Holz findet genau genommen eine Verkohlung oder Verkokung statt. Unter dem Einfluss großer Hitze und in der Abwesenheit von Sauerstoff lösen bzw. trennen sich alle flüchtigen Bestandteile ab und entweichen als Gas – zurück bleibt fast reiner Kohlenstoff, der Dank der Abwesenheit von Sauerstoff nicht vollständig zu CO2 oxidiert. Dieses Gas enthält neben Wasserdampf vor allem Methan, Schwefelverbindungen und langkettige Kohlenwasserstoffe, welche den Treibhauseffekt besonders begünstigen. Holzgas sollte daher niemals unverbrannt in die Atmosphäre gelassen werden. Durch die Verbrennung des Gases gelangen fast ausschließlich CO2 und Wasserdampf in die Atmosphäre. Das CO2 hierbei ist in Bezug auf die klimatische CO2-Bilanz nahezu neutral, denn die Pflanzen haben es zur Kohlenstoffgewinnung und für die Photosynthese vorher aus der Atmosphäre gezogen. Anders als bei der Verbrennung aus dem Erdreich gewonnener fossiler Brennstoffe, deren Kohlenstoff im Erdreich gebunden war und bleiben würde und nicht in die Atmosphäre gelangt wäre.

Damit dieser Prozess in Gang kommt, braucht es mindestens 300 °C. Zudem sollte kein Sauerstoff an das Pflanzenmaterial gelangen, da der sonst übrig bleibende Kohlenstoff bzw. die Kohle gleich weiter zu CO2 oxidiert und nicht mehr als Brennstoff verwendet werden kann.

Ich habe hierzu einen kleinen Stahleimer benutzt und die Pflanzen und das Holz dort hinein getan. Den Eimer habe ich dann mit Alufolie umwickelt und nach oben hin zu einer Art Tülle geformt, damit das Holzgas entweichen kann. Das heiße und austretende Holzgas verdrängt dabei die Luft im Eimer und durch den Auftrieb kann auch keine Sauerstoffhaltige Luft durch die Tülle mehr eindringen.

Um das ganze auf die notwendige Temperatur zu bringen, habe ich den Eimer in einen Grillkamin gestellt, den man sonst zum Anfeuern von Grillkohle verwendet. Nun galt es, dem Eimer Feuer unter dem Hintern zu machen. Ein wenig ökologischer Grillanzünder und etwas Holz dienten hier als Hitzequelle.

Nach einiger Zeit trat das Holzgas aus. Die Flammen von unterhalb stiegen hoch genug, und das Gas sofort zu verbrennen. Es war eine saubere, rußfreie Verbrennung. So gut wie kein Rauch, kein Geruch von Teer oder neuem Straßenbelag – das ist wichtig!

Hier ist schön zu sehen, wie Feuer aus der Tülle zu kommen scheint. Das Gas verbrennt direkt.

Der Prozess wird solange laufen gelassen, bis kein Gas mehr austritt oder das Feuer erloschen ist. Tritt kein Gas mehr aus, sollte das Feuer unter dem Eimer gelöscht werden, damit man keine Oxidation der Kohle riskiert.

Wenn alles abgekühlt ist, findet sich die Kohle im Eimer, die noch die Form der Pflanzen und Gehölze behalten hat. Sie enthält daneben auch alle nicht flüchtigen und mineralischen Bestandteile der Pflanzen. Sie ist ganz leicht und porös. Erstaunlich, dass große trockene Hitze den Wasserstoff aus den organischen Verbindungen abspalten kann, sodass fast reiner Kohlenstoff zurück bleibt.

Ganz nebenbei hat das verbrennende Holzgas noch für eine wunderschöne Verfärbung der Alufolie gesorgt.

Ich werde mit einer alten kleinen Destille aus Metall einen weiteren Versuch wagen und das Holzgas durch ein Rohr zur Heizquelle leiten. So kann sich der Prozess selbst befeuern, was die Energiebilanz deutlich verbessern sollte.

Die Kohle wird für die Weiterverarbeitung zerstoßen
Die verkohlte Rinde glänzt beinahe metallisch wie Graphit.

Meine erste Pflanzenkohle habe ich gemahlen. Ich kann sie nun zu Kohletabletten zum Räuchern pressen oder für die Herstellung von Räucherstäbchen und Räucherkegeln nutzen.

Be blessed