Aus groß mach klein

Zur Zeit haben mich die Steine wieder gepackt – eine Faszination, die ich seit Kindheit habe. So bin ich gerade dabei, wieder vermehrt Amulette  und Schmuck herzustellen. Da darf natürlich auch neues Rohmaterial nicht fehlen – und das habe ich mir besorgt. Ich habe ein paar Kilo Flouritrohsteine geordert und tatsächlich auch eben das, im wahrsten Sinne des Wortes, erhalten.

Große Brocken mit Matrix und Schlick und Schlamm. Nach einem ordentlichen Waschgang zeigte sich dann, was ich da bekommen hatte. Grüne und violette und weiße Flourite kannte ich, aber jene die ins Blaue übergehen tatsächlich noch nicht. Die Steine sind wunderbar und haben eine tiefe satte Färbung. Aber: sie sind zu groß! Fast von der Größe eines Handballs kann ich damit wenig anfangen.

Flourit hat eine gute Spaltbarkeit, tatsächlich so gut, dass mir mit Hammer und Meißel vermutlich die schönen gebänderten Schichten alle voneinander fallen. Nein, ich muss die Brocken schneiden. Und da habe ich etwas experimentierfreudig in einer Tischsäge mit Diamanttrennscheibe investiert und mich daran gewagt.

Die motorisierte Maschine hat mir zunächst tüchtig Respekt eingeflößt. Aber die Arbeit damit war doch sehr entspannt und bot mir neue Möglichkeiten. Die rotierende Scheibe ist nicht nur zum Schneiden, sondern auch für das Bearbeiten von Formen und Oberflächen von Steinen geeignet – mit etwas Fingerfertigkeit und Kreativität.

Dabei muss ich erwähnen, was für ein tolles Gefühl es ist, wenn das Material in den Händen nachgibt und das Bild aus dem eigenen Kopf sich in der Realität materialisiert. Das ist eine Erfahrung, die ich jedes Mal mit allen (Über-)Sinnen genieße. Kreative Prozesse, Schöpfen – das scheint mir im Blut zu liegen. Das ist es auch, was jedes Handwerk so besonders macht: es steckt immer etwas Kraft, ein Teil seines Schöpfers in ihm. Es ist wie ein belebtes Objekt.

Und so schnitt ich aus dem großen Brocken einen Kristall, der auf einem Sockel thronend mit seinem Lichtspiel für Stimmung sorgt oder bei der Meditation oder Gedankenreise helfen kann. Ein paar Feinheiten sind noch auszubessern – je glanzvoller ein Stein poliert wird, umso mehr zeigt sich optisch sein Charakter, seine Makel und seine wunderbaren Eigenheiten. Dann wird er zusammen mit anderen Steinen, auf beleuchteten Sockeln gebettet, in den Verkauf gehen.

Gib mir einen Drachen…

In meinem Sortiment biete ich auch handgefertigte Drachenaugen-Amulette an, die nach Wunsch in Farbe und Nutzen gestaltet werden. Manchmal ist es nicht ganz einfach den Wünschen der Kundschaft zu folgen, gerade wenn die Bestellung recht unpräzise verfasst ist. So auch ein Beispiel wie dieses:

Bestellt wurde also ein Drachenauge. Zur Individualisierung erhielt ich folgende Informationen:

„Ich möchte, dass das Auge realistisch raussticht aus der Umrandung; sprich grün-gelb-blau und ein Teil rot sollte mit enthalten sein. Die Haut selbst sollte im mittleren Grau sein, bitte. Ich brauche es als Schutz und als Warnung.“

Schutz und Warnung waren hier sehr gute Schlagworte für mich, um bei der Handarbeit auch die richtige mentale Arbeit einfließen zu lassen. Die Optik ließ mich etwas rätseln. Leider hat die Kundschaft meine E-Mail mit weiterer Nachfrage meinerseits vor Ende der Versandfrist nicht mehr gelesen oder beantwortet, sodass ich versuchte, mit einem Schuss ins Schwarze zu treffen.

Die Farbwahl ist etwas ungewöhnlich, um das Drachenauge noch natürlich erscheinen zu lassen. Da rot die anderen, milderen Farben optisch sehr verdrängen würde, entschied ich mich, nur den äußeren Rand des Auges Rot zu haben und den Fokus aus gelb und grün zu legen. Nur direkt um die Pupille ist ein schmaler scharfer Rand aus blau. Auf dem Foto ist er leider nicht gut zu sehen. Die Pupille, nicht nur optisch der Kern, ist immer der erste und letzte Schritt bei meiner Arbeit. Ich habe sie scharf zusammen gezogen gestaltet, als ob der Drache bereits etwas anvisiert und fokussiert hat. Warnung und Schutz: ich habe dich bereits im Visier, ein bedrohlicher Ausdruck. Die Haut hat ein – nach meinem Empfinden – mittleres Grau bekommen. Die Augenlider habe mehr betont, so als könnte es ein älterer Drache sein. Kein Jungspund der im Übereifer feuert, aber ein Drache mit Weisheit und Erfahrung, der genau weiß, was zu tun ist.

Drachenaugen mit Kristallen

Daneben noch eine andere Auftragsarbeit. Beide machen sich heute auf de Reise zu ihren neuen Besitzern und ich hoffe sehr, dass sie Gefallen und Ihre Aufgaben erfüllen werden.

Be blessed