Magie auf Social Media – du erntest was du gesät hast

Nach einer langen Pause habe ich mich zurück in die sozialen Medien gewagt. Und was bleibt mir anderes als zu sagen, dass man sich für die Leute, die dort als Hexen, Schamanen, Coaches und Heiler auftreten, noch mehr fremdschämen muss als zuvor.

Ohne Maß und Mitte, vor allem ohne Verstand und Bodenhaftung. Hier wird ganz deutlich, was im Vordergrund steht: die Interaktion durch Empörung. Es geht nicht um Magie und ihre Wirkung, es geht um ein skurriles Auftreten, das die Hemmschwelle der Zuschauer sprengt und zu einer Interaktion in Form Kommentaren, Markierungen oder Weiterleitungen führt. Da wirkt keine Magie, sondern rudimentärste Verhaltenspsychologie.

So sieht man einen Prinz der Magie für die queere Schublade, der mit falschem Zimt von Gut und Günstig einen Reichtumszauber vorführt, indem er eben diesen durch den Türrahmen im Eingangsbereich bläst. Wir sehen abgedrehte Frauen des sichtbar älteren Semesters, die mit begabungslos zusammengeschnittenen Effekten für Waldwesen in einem Video tanzen. Man begegnet jungen Frauen voller Licht und Energie, die uns glauben machen sie könnten durch die Zeit reisen indem sie bunte Bänder an der Küste schwingen oder Telekinese bewirken, wenn sie von der Schwerkraft einen Schlüssel in ihrer flachen Hand auf die Seite rollen lassen. Man sieht Heiler die mit Fingern über ein anderes Video mit einer sich krümmenden Person fahren und dir erzählen, dass sie gerade energetisch operieren. Wieder andere manifestieren sich mit faktisch gar nichts die Welt zurecht. Und von den ganzen esoterischen Verschwörungstheoretikern will ich gar nicht erst anfangen.

Wo sind die echten, traditionellen und bodenständigen Hexen und Heiden geblieben? Ausgestorben oder vertrieben? Geflohen möchte man meinen, wenn zu sehen ist, wie das Bild unseres Metiers in der Öffentlichkeit geformt wird. Und neben dieser Freakshow an sich fällt mir vor allem eines auf: niemand macht sich richtig Mühe. Alles ist billig und halbherzig. Dabei kennt doch jeder den Grundsatz: du erntest was du gesät hast.

Doch schon da fängt es an. Junghexen, wie sich selbst nennen, lernen und verbreiten, dass dieser Satz so viel bedeute wie „Alles fällt auf dich zurück“ oder „Füge keinem andern zu, was du nicht willst, dass man dir tut“. Das ist im Umgang mit Menschen bei sozialen Interaktionen durchaus richtig. In der Magie meint es aber etwas ganz anderes. Kein Mensch der mit Vorliebe Schadenszauber betreibt, zerstört sich selbst durch das Echo seiner Taten. Nein, vielmehr beschreibt der Grundsatz das Verhältnis von Aufwand und Wirkung.

Pflanze ich faulen Samen, wird er nicht keimen oder faule Frucht hervor bringen. Benötige ich einen Baum für Holz, pflanze ich keinen Farn, weil das einfacher ist und schneller geht. Und je mehr ich mich um meine Saat und die Aufzucht kümmere, desto mehr Ertrag werde ich bei der Ernte haben.

Nehmen wir doch, ungeachtet der tatsächlichen Wirkung dieses Rituals an sich, das erste Beispiel mit dem Zimt. Anstatt den unechten Cassia-Zimt einer Billigmarke zu verwenden, hat es viel mehr Wirkung, in ein Stück echter Zimtrinde des Ceylon-Baumes zu investieren. Sie selbst zu mahlen und während der ganzen Arbeit das Ziel mit Affirmationen und Visualisierung zu >manifestieren<.

Magie, die Kräfte und beteiligten Wesen verlangen Opfer für die adäquate Wirkung. Aufwand, Geld, wertvolle Rohstoffe und Zeit sind wirkungsvolle Opfer. Ganz anders als billige Abkürzungen oder mystisch anmutendes Händefuchteln in Manifestationsvideos. Nur wenn ich bereit bin zu opfern und zu geben, werde ich auch etwas empfangen, was über Autosuggestion und Einbildung hinaus geht. Scheut nicht die Arbeit und den Aufwand, scheut lieber die Esoterik auf Instagram, Tik Tok und Co.

Be blessed

S wie Sigillen und Sinn und UnSinn

Mir begegnen immer wieder Menschen, gerade junge Hexen, die gerne Sigillenmagie praktizieren. Fast immer habe ich dabei den Eindruck, dass sie aber eigentlich gar nicht wissen, was sie da machen. Zu wissen, wie man eine Sigille formt heißt nicht, dass man auch weiß, was sie ist und wie sie wirkt. Und der oftmals ausbleibende Erfolg bestätigt dies. Hier scheint der Einfluss der modernen Esoterik das Wissen um Sigillen verwaschen zu haben.

Der Ablauf sieht meistens wie folgt aus: Positive Affirmation überlegen, aufschreiben, doppelte Buchstaben wegstreichen und dann eine Sigille daraus formen. Die Sigille dann aufladen, häufig durch Masturbation als Form der Sexualmagie und dann ggf. noch verbrennen und vergessen und die Sigille wirkt dann ganz von selbst. Und wenn ich es mir vorstelle, dann ist das auch so.

Und damit hat man seine eigene Sigille auch schon zerstört und nutzlos gemacht. Ist die Sigille erstmal fertig geformt, ist sie ein abgeschlossenes und in sich stabiles Gebilde. Da ist nachträglich nichts mehr aufzuladen. Das muss passieren, während man sie formt. Und sie nach der Fertigung zu verbrennen, in Flüsse zu werfen oder dergleichen ist ebenso komplett unnütz. Die Sigille ist ein Objekt, ein Siegel, ein Zeichen im weiteren Sinne sogar wie eine Rune, in die man eine spezielle zielgerichtete Kraft verpackt hat. Das Objekt strahlt diese Kraft aus und beeinflusst alles im Wirkungsbereich. Man muss die Sigille also dort anbringen wo sie wirken soll. Es nützt also gar nichts, wenn ich zum Beispiel in Mitteldeutschland eine Sigille für eine Freundin in Österreich mache und die Sigille dann auf meinem Altar oder in einem Schränkchen bei mir liegt und nie bei meiner Freundin ankommt. Es hilft auch nichts, sich eine Sigille einmal auszudenken und diese dann beliebig oft woanders nachzumalen. Das ist dann ein leeres Konstrukt. Eine wirksame Sigille, muss jedes Mal komplett neu mit Kraft ausgestattet werden. Und zerstört werden sollte sie nicht, so lange die Wirkung erwünscht ist. Ist die Sigille zerstört, verpufft auch ihr Effekt.

Im Folgenden beschreibe ich meine Auffassung über die Anfertigung einer traditionellen Sigille:

Am Anfang steht erstmal das Ziel. Was soll meine Sigille bewirken? Die Sigille wird aus Worten geformt, die eine Affirmation bilden und den gewünschten Zustand widerspiegeln. Nehmen wir als Beispiel: ICH BIN GESUND.

Diese Affirmation wird nun auf das Wesentliche gekürzt. Man entfernt alle Buchstaben, die ein zweites Mal vorkommen. Es gibt auch andere Wege oder Möglichkeiten die Sigille aus der ganzen Affirmation zu formen. Hier bleiben wir bei dem am meisten genutzten Weg. Es verbleibt: ICHBNGESUD

Hieraus wird nun die Sigille geformt. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die verbliebenen Buchstaben können in einem magischen Buchstabenquadrat zu Linien verbunden werden, die die Sigille bilden oder die Buchstaben werden zu einem Zeichen kombiniert, indem Teile eines Buchstaben auch Teile eines anderen sind. Für unser Beispiel nehme ich den letzteren Weg. Doch bevor das geschieht, müssen wir uns weitere Schritte überlegen. Denn während dem Formen der Sigille wird diese mit zusätzlichen Kräften versehen.

Wir bereiten ein Ritual vor und nehmen alle Zutaten und Kräfte hinzu, die unserem Thema dienen. Es können passende Gottheiten und Wesen angerufen werden, es werden passende Mahlzeiten dabei eingenommen, passende Räucherungen verwendet, meinetwegen kann auch Sexualmagie dabei praktiziert werden – hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Die Sigille wird auf Papier geschrieben oder in ein Objekt geritzt und dies immer mit der magischen Hand. Dies ist in der Regel die Schreibhand; ansonsten die Hand, mit der ihr intuitiv Magie praktiziert. Währenddessen wird auch die Affirmation immer wieder laut aufgesagt.

Um das Beispiel einfach zu halten, nehmen wir an, das Ritual wurde vorbereit und Hygieia wurde angerufen, es werden Fichtenharz und Zitronenschale verräuchert und ein Kelch mit frischem Obstsaft als Multivitaminsaft steht bereit. Unter lautem Ausrufen der Affirmation wird nun schrittweise die Sigille aus unseren Buchstaben geformt und der Saft nach jedem Zeichnen schluckweise getrunken. Die fertige Sigille könnte dabei so aussehen:

Die Sigille ist damit nun fertig und vollständig und aufgeladen. Das Ritual wird beendet, den herbeigerufenen Kräften und Göttern wird gedankt. Die Sigille ist einsatzbereit und wird dort angebracht oder aufgestellt, wo sie wirken soll. Also in unserem Beispiel an einem Ort, wo ich mich viel aufhalte oder besser noch, ich trage sie immer bei mir.

Be blessed

Von Chakren, Chaos und Chaoten

Ich bin jüngst über eine Aussage gestoßen, die inhaltlich so sonderbar war und so vielem widersprach was ich gelernt und erfahren habe, vor allem auf dem Weg der Wächter bzw. Zwielichter, dass ich nicht umhin kann, meine Gedanken dazu zu teilen.

Im Kern ging es in der Aussage darum, dass man seine Chakren öffnen müsse, um Magie zu wirken, schwarze Magie entspringe dem Chaos durch Akzeptanz des Ungleichgewichtes und der Disharmonie und der Akzeptanz negativer Emotionen.

Vergleicht man ältere Schriften über die Magie bis ins 19. Jahrhundert hinein wird einem auffallen, dass die Arbeit an oder mit Chakren nirgends thematisiert ist. Das ist auch nicht verwunderlich, denn um Magie zu praktizieren hat es nie der Arbeit mit Chakren gebraucht – so es diese tatsächlich gibt. Oft wird das Argument angebracht, dass die Weisen damals mit sich und der Natur so im Einklang waren, dass die Chakren sowieso schon geöffnet waren, ganz automatisch. Belege gibt es dafür natürlich keine. Zeitzeugenberichte, alte Schriften und archäologische Funde belegen jedoch ein ganz anderes Leben – fernab von innerem Frieden und Einklang mit der Natur. Gerade weil manche Not so groß und kein anderer Weg in Sicht schien, kam die Magie überhaupt ins Spiel. Von Energiezentren im Körper, die man dafür beherrschen müsste, fehlt aber dennoch in diesem Zusammenhang jede Spur.

Was sind diese Chakren also und wo kommen sie her?

Chakren sind angenommene Energiezentren zwischen dem leiblichen und dem seelischen Körper. Die Chakren wie wir sie heute im Westen kennen gehen auf die Schriften von Sir John Woodroffe zurück, der seinen Lesern eher unter dem Pseudonym „Arthur Avalon“ bekannt sein dürfte – eine Kunstfigur in der er sich selbst neu interpretierte. Woodroffe war Richter in Indien und kam so mit der dort bekannten Lehre der Chakren in Kontakt – genauer gesagt, mit einer Lehre von vielen. Es gibt viele verschiedene Lehren je nach Religion und Region von Energiezentren im Menschen. Sie sind alle nicht einheitlich und variieren in der Anzahl, der Position und der Aufgabe der einzelnen Zentren. Im Falle von Woodroffe war es die Lehre des tantrischen Hinduismus und Vajrayana. Hier gibt es 7 Chakren denen jeweils bestimmte Aufgaben, Farben und Elemente zugeordnet sind, welche je nach Schule ebenfalls variieren. Ziel der Arbeit mit den Chakren war es, alle Blockaden zu lösen und alle Chakren zu öffnen, sodass ein freier Kanal entsteht, indem die reine Lebensenergie Prana frei fließen kann. Ist dieser Zustand erreicht, ist das höchste Ziel geschafft: die Erleuchtung; und das irdische Leben wird belanglos. Magie hat dort niemand im Sinn, auch wird mit Prana keine Magie oder Hexerei betrieben. Woodroffe hat diese Lehren für sich übernommen und neu interpretiert. Der westlichen Welt hat er dies in Form von esoterischen Schriften zugänglich gemacht. Damals schien es niemanden zu irritieren, dass jemand mit dem Bezug zu Avalon etwas über indische Lehren schreibt. Wen es aber heute noch immer irritiert, der befindet sich auf keinem schlechten Weg. Im Zuge der New Age-Esoterik hat auch Woodroffe damit einen fundamentalen Grundstein für die „Vergewaltigung“ östlicher Lehren im Westen gelegt. Und es ist ihm allein zu verdanken, dass in der westlichen Esoterik seine 7 Chakren als gegeben hingenommen werden. Wäre er seinerzeit beispielsweise stattdessen aber mit dem Daoismus in Kontakt gekommen, wären für uns heute 3 Energiezentren die Norm und die Chakren hießen Dantian – und hätten mit der Magie des westlichen Verständnisses ebenfalls nichts zu tun. Die westliche Esoterik wurde zu einem Schwamm, der alles aus dem Osten stammende in sich aufsog und vereinte, ohne Rücksicht darauf, ob es überhaupt richtig verstanden und interpretiert wurde. Während im Okkultismus noch mehr Fokus auf orientalische Mystik, Alchemie und Kaballah gelegt wurde, wandte sich die neuzeitliche Esoterik regelrecht verzweifelt der Suche nach Heilung zu – und eröffnete hiermit auch einen gigantischen wirtschaftlichen Markt. Während dieser westlichen „Vergewaltigung“ kam es dann auch dazu, dass die Chakren auf mehr Systeme ausgebreitet wurden – Reiki zum Beispiel. In den Ursprüngen des Reiki spielten Chakren, egal wie viele an der Zahl, überhaupt keine Rolle. Heute ist in Europa beides nahezu untrennbar miteinander verbunden. Ähnlich wird auch die Annahme entstanden sein, man müsse Energie fließen lassen und seine Chakren öffnen, um Magie zu wirken. Dabei ist die heutige Arbeit mit Chakren vor allem durch eines geprägt, was sie in ihrem Ursprungsland nicht ist: Auto- und Fremdsuggestion. Dass das Öffnen der Chakren mit der Erleuchtung und dem Erreichen des Nirwana in Verbindung steht, hat sich offenbar nicht gehalten. Jeder Reiki-Praktizierende der mir begegnet ist, der meint alle seine Chakren seien geöffnet und er könne das Reiki fließen lassen, war mehr als weit von der Erleuchtung entfernt und behauptete auch von sich, nicht erleuchtet zu sein. Da ließe sich die Frage stellen, ob es wahre Erleuchtung überhaupt gibt und was diese Reiki-Meister meinen zu spüren, wenn alle ihre Chakren offen sind ohne, dass sie die Erleuchtung erlangt haben. Doch das verlangt den Raum als eigenes Thema.

Was ist nun Magie? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Ähnlich wie bei den Chakren ist sie je nach Schule etwas anderes: Willenskraft, neutrale Energie, kosmische Kraft und so weiter. Gemein ist allen jedoch, dass diese Kraft auf eine Beeinflussung der Wirklichkeit abzielt. Schwarze und Weiße Magie sind sehr populäre Begriffe geworden. Sie bezeichnen dabei nicht die wirkende Kraft selbst, sondern das angestrebte Ziel nach menschlich-moralischen Maßstäben. So wird eine Praktik, die schaden und zerstören soll, der schwarzen Magie geordnet und eine die heilen oder schützen soll, etwa der weißen. Es gibt auch Strömungen, die es noch weitertreiben und alles der schwarzen Magie zuordnen, was gegen den Willen oder ohne das Wissen des Betroffenen oder der Zielperson geschieht, selbst wenn die Absichten moralisch einwandfrei sind. Magie kann schaden oder heilen, was die These, dass es sich um eine neutrale Kraft handelt die einfach etwas Bewirken kann, plausibel erscheinen lässt. Eines jedoch ist Magie sicher nicht: Reiki oder Prana. Beides sind reine Lebensenergien, die nicht zerstören oder zerfressen können und somit Schadenszauber unmöglich machen würden.

Vielen dient die eigene Emotionale Verfassung dazu, ihre innere Kraft freizusetzen und ihren Willen zu manifestieren. Üblich ist auch die Hinzunahme weitere Kräfte: etwa aus der Natur, den Himmelskörpern, Entitäten oder den Elementen. Doch wie steht es nun damit, dass schwarze Magie dem Chaos entspringt?

Chaos und Kosmos sind zwei Zustände. Simpel übersetzt bedeutet Kosmos Ordnung und Chaos Unordnung. Dem Chaos werden oft negative Bedeutungen beigemessen, was sich im täglichen Sprachgebrauch zeigt. Chaos möchte im Grunde niemand haben und vermeiden, Chaos bedeutet Kontrollverlust. Beide Begriffe beschreiben in der wahren Magie jedoch den Zustand der Welt, in der wir leben.

Das echte Chaos existiert in unserem Universum nicht. Wir leben in einem Kosmos und können das wahre Chaos gar nicht erleben geschweige denn erfassen. In unserem Universum gelten universelle Gesetze, denen auch die Magie unterliegt. Ganz wesentlich sind hier der Ausgleich, Polaritäten, Aktion und Reaktion sowie Anziehungswirkungen. Alles in unserer Welt hat eine Ursache und eine Wirkung. Beide lassen sich immer nachvollziehen und sind reproduzierbar. Alles folgt bestimmten Regeln und Mustern, was es und erst möglich macht, zielgerichtet zu handeln und zu denken. Ich habe lange nach einer Umschreibung gesucht, die ebenso einfach wie prägnant ist und ausdrückt, worauf ich hinauswill. Ich bin zu folgender gelangt:

Im Kosmos sind 1 + 1 immer 2.

Im Chaos kann 1 + 1 jedes Mal etwas anderes ergeben.

Im Chaos gibt es keine festen Strukturen, keine Kausalität. Alles läuft spontan und zusammenhanglos ab. Wahres Chaos ist ein Konzept, dass wir mit unserem Verstand nur schwer ganz wahrhaftig erfassen können. Wir sind auf den Kosmos geprägt und von ihm Abhängig. Selbst modernste und komplexeste Sprengstoffe, deren Instabilität genutzt wird, unterliegen dem Kosmos. Es gibt einen Grund und Regeln die greifen, die es uns möglich machen, eine Explosion zu provozieren. Auch die neuesten Erkenntnisse der theoretischen und experimentellen Quantenphysik zeigen im Grunde nichts anderes. Die kleinsten Teilchen, die Bausteine der Energie und der Welt, verhalten sich nach den Maßstäben unseres Alltags, dem Makrokosmos, auf den ersten Blick irrational. Tatsächlich lässt sich das Verhalten und der Aufenthaltsort dieser Teilchen bislang nur in Wahrscheinlichkeiten ausdrücken. Doch dass dies allein möglich ist, bezeugt den Kosmos. Die Wahrscheinlichkeiten liegen im Mikrokosmos in einem begrenzten Bereich, der hochskaliert auf den sichtbaren und beobachtbaren Makrokosmos feste Regeln ableiten lässt – Regeln, denen auch die Kraft der Magie vollends unterworfen ist.

Das Leben selbst, wie wir es kennen, wäre im Chaos womöglich gar nicht möglich. Es gibt keine Strukturen und Regeln woraus sich Lebensformen überhaupt erst bilden könnten. Etwas vereinfacht veranschaulicht: wie soll Leben aus einem Atom entstehen, dass von Sekunde zu Sekunde seinen Zustand ändert, welches mal existiert, mal nicht, instabil und polar ist, spontan zerfällt und sich neu zusammensetzt oder andere Teilchen aufnimmt? Selbst eine so geordnete Struktur wie ein Atom ist fraglich. Noch fraglicher ist es, wie ein Mensch im Kosmos nun also schwarze Magie aus dem Chaos schöpfen will. Die Antwort ist simpel: es wird keine Magie aus dem echten, unerreichbaren Chaos geschöpft. Wer auch immer dies behauptet, hat das Wesen des Chaos nicht verstanden und erfasst. Diese Person begegnet ihm mit menschlichen, moralischen Maßstäben. Es sind Autosuggestion, eigene Gedankenkonstrukte und Emotionen in einem prahlerischen Mantel, die den Menschen in einen Zustand versetzen, die eigene innere Kraft zu manifestieren. Das entfernteste, was der ursprünglichen Aussage gerecht wäre, ist folgendes:

Alles unterliegt auch dem Ausgleich. Sich verändernde Gegensätze sind der Puls des Lebens, die Veränderung im Kosmos. Vielleicht ist der Kosmos als spontane Reaktion aus dem Chaos entstanden und so gibt es stetig Veränderung, die das Gesetz des Ausgleiches in Kraft treten lässt. Diese Kraft beim Ausgleichen dieser Spannung kann auf ein Ziel gerichtet werden. So, als würde man einen Blitzeinschlag an einer bestimmten Quelle provozieren. Sinnbildlich: der geschickte Meister provoziert ein Ungleichgewicht und nutzt die Kraft des Blitzes, der den Ausgleich schafft, für seine Zwecke.

Was sind dann jetzt Chaosmagier? Im Allgemeinen beschreibt man Chaosmagier und -magierinnen als solche, die sich keinem festen System unterordnen, sich aus allen möglichen Lehren und Quellen bedienen und je nach Situation oder Ziel das Paradigma frei wechseln. Sie nehmen aus allem und kombinieren alles, mitunter auch nicht immer mit dem nötigen Respekt den Wurzeln der Schulen und Lehren gegenüber. Chaosmagier beherrschen nicht das Chaos, sie sind gewisser Maßen meisterhafte Chaoten nach menschlich-moralischen Maßstäben.

Raunende Runen

Schon lange spielte ich mit dem Gedanken, einen Runensatz anzufertigen. Und gerade jetzt schien der richtige Zeitpunkt gekommen, wo die Sommersonnenwende buchstäblich ins Wasser fiel. Im Garten lagerten ein paar Äste von einem Haselnussbaum. Daraus sollte sich doch etwas machen lassen…

Holzscheiben

Die Tischsäge, mit der ich sonst Steine schneide, ließ mit einem anderen Sägeblatt zur Holzsäge umfunktionieren. Holzscheiben ließen sich nun also recht gleichmäßig aus dem Ast schneiden. Doch wie sollte es weiter gehen? Die Runen einfach drauf malen oder mit einem Brenneisen einprägen? Nein, das schien mir zu einfach. Sie sollten etwas besonderes werden. Und so kam ich zu der Idee, die Runen in die Holzscheiben zu fräsen.

Das war doch kniffeliger, als ich es mi ausgemalt hatte. Mit einem rotierenden Werkzeug eine gerade Linie ins Holz zu fräsen ist gar nicht so einfach. Das Holz hatte auch gleich noch eine weitere Lektion für mich: es ist nicht an allen Stellen gleich hart und gibt unterschiedlich nach. Grundsätzlich kann ich sagen, dass das Holz zur Mitte hin weicher war. Aber trotzdem war jede Scheibe anders.

Das ältere Futhark

Das ältere Futhark besteht aus 24 Buchstaben bzw. Runen. Jede musste ich von Hand fräsen und ausbessern, so gut wie ich es eben konnte. Es ist auch nochmal eine ganz andere Erfahrung, Runen so herzustellen als sie nur zu schreiben oder darüber zu lesen. Nie zuvor habe ich mich gedanklich so intensiv mit ihnen auseinandergesetzt und noch nie sind mir ihr Aussehen und ihren Namen so gut in Erinnerung geblieben, wie nach dieser Arbeit.

Gefräst waren sie nun. Die Oberflächen habe ich mit Schleifpapier geglättet und verfeinert. Von 50, 100, 200, 600, 800 bis 2000 Korn. Wie sollte es weiter gehen? Wie kann ich sie weiterhin besonders machen? Beim Fräsen kam es mir vor, als wären die Runen wie Adern im Holz. Blut fließt durch Adern. Was käme bei Bäumen dem Blut am nächsten? Was schließt Wunden? Genau, Harz. Doch es sollte nicht irgendein Harz sein. Mein Herz schlug für Bernstein von den heimischen Ostseestränden.

Einsetzen des Bernsteins

Also suchte ich mir Bernsteinsplitter zusammen und füllte die Adern mit Blut. Eine sehr filigrane Arbeit. Dann hatte ich eine Entscheidung zu treffen… lasse ich den Bernstein überstehen oder ebne ich ihn ein? Mit ISA habe ich einen Testlauf gemacht – sie wäre am einfachsten nachzumachen. Und dann entschied ich mich dafür, sie eben zu machen. Der Bernstein wirkt dann wie eingelassen.

Das erforderte eine geschickte Hand. Mit Schleifstein oder Schleifpapier kam ich nicht gut weiter. Auch hier half mir ein Gerät, mit dem ich sonst Steine bearbeite und poliere. So konnte ich die Runen vorsichtig glätten und geschmeidig machen.

Das Holz lebt

Gut sahen sie schon aus. Aber das Holz musste noch mehr leben zeigen. Mit Antik-Wachs, das hauptsächlich aus Bienenwachs und Fichtenextrakt besteht, habe ich die Runen gesalbt, wodurch das Holz eine sattere Farbe annahm. Diese besonderen Runen sollten aber seinen Besitzer lange begleiten, der Bernstein nicht zerkratzen oder herausfallen. Ich hatte kürzlich begonnen, etwas mit Epoxidharz zu experimentieren. Und ich entschied mich, die bernsteinbesetzte Seite mit diesem Harz zu versiegeln. So sind die Runen stoß- und kratzfest, wasser- und schmutzabweisend und die Bernsteine sitzen fest an ihrem Platz. Zusätzlich gibt die dünne Schicht auch optisch noch ein brilliantes Finish.

Der fertige Runen-Satz

Nachdem alles getrocknet war, wurden sie noch einmal mit einer Baumwollfilz-Scheibe poliert. Nach drei Tagen Arbeit sind sie fertig, und ich bin stolz auf meine Arbeit, bei der ich einiges über die Runen, das Holz und mich gelernt habe. So stolz, dass ich mich mit ihnen für den Etsy-Design-Award beworben habe. Ich rechne mit keiner Platzierung, aber diese Runen verdienen einfach diese Aufmerksamkeit.

Be blessed

Zeit im Lock-Down…

Corona – der Virus hat die Menschen fest im Griff und uns in die Häuser verfrachtet. Aktuelle Zahlen scheinen zu zeigen, dass unser aller Bemühen sich gelohnt hat.

Jeder hat zu Hause andere Herausforderungen zu meistern gehabt: die Kinder rund um die Uhr betreuen, zu Hause unterrichten, die ein oder andere Zerreißprobe mit dem Partner, viel Zeit und Langeweile oder, wie in meinem Fall, Arbeiten im Home-Office. Hexe(r) zu sein ist meine gewählte Berufung, aber leider nicht mein Hauptberuf.

Zu Hause arbeiten ist ungewohnt aber nicht schlecht. Es verlangt viel Selbstorganisation und Einsatz – entgegen so manchem Vorurteil. Und man spart Zeit – der Fahrweg zur Arbeit entfällt. Was tut man mit der neugewonnenen Zeit? Ich habe mich neuen Angeboten für den Shop gewidmet und ein schon länger geplantes Projekt zu Ende gebracht. Ein neues E-Book!

In meinen ganzen Jahren magischer Praktik und der Reise, im Internet durch Foren, im realen Leben zu anderen Hexen und Hexern, bin ich immer wieder darüber gestolpert, dass Magie nicht einheitlich definiert werden kann. Aber dennoch spricht einer dem anderen Kompetenzen und Wissen ab. Leider gibt es auch viele egobezogene Menschen, die meinen nur ihre Ansicht sei die einzig wahre. Und doch bin ich auf vereinzelte Menschen gestoßen, die eine ganz besondere Art von Magie hatten, die mit sich im reinen waren und keine Bücher oder Foren im Internet brauchten. Die wirkende Kraft kam aus ihnen selbst, sie hatten eine Gabe, die sie nutzten.

Das erinnert mich an meine Jugend, die Anfänge und die Ängste, dass um mich herum Dinge geschahen. Es erinnerte mich an meine Lehrmeisterin und führte mir vor Augen, dass ich mich total verlaufen, verirrt und blockiert hatte. Ich musste wieder den Weg zu mir selbst und meiner Kraft finden, den innersten Pfad beschreiten. Anleitungen aus Büchern, Hexenschulen und anderen Quellen können einem helfen, etwas über Magie allgemein zu erlenen und wie man Zauber wirkt. Doch der Zugang zu seiner Gabe, wenn man eine hat, ist völlig anders und individuell. Und diesen externen Quellen und Anleitungen zu folgen, kann den Zugang zur eigenen Kraft völlig blockieren. Sicher, man kann Zauber wirken wie jeder andere mit dieser Anleitung, man nutzt aber nicht seine Gabe, seine innerste Kraft, die anders wirkt und viel effektiver sein kann.

So entschied ich mich, meine Erfahrungen niederzuschreiben und anderen zur Verfügung zu stellen, die sich ebenso verlaufen haben und einen Weg finden möchten, beides in Einklang zu bringen – äußere und innere Kräfte. Es war ein gutes Stück Arbeit alles zu sortieren, verständlich zu machen und nicht an Ausdruckskraft verlieren zu lassen. Nun ist es also fertig und ich biete es als E-Book im Shop zum Download an.

https://www.etsy.com/de/listing/796739669/der-innerste-pfad-e-book

Vielleicht hilft es dem ein oder anderen ebenso.

Be blessed